20.08.21

Die Schattendetektive sind nun im Endlektorat.

Ich denke, dass es dann im September auf AMAZON erhältlich sein wird.

Aktuell komme ich gut voran und es macht Spaß, mal wieder im Bereich Jugendbuch unterwegs zu sein. :-)

 

 

Die ungleichen Freunde Jonas, Robin und Tom gründen den Detektivclub „Die Schattendetektive“.

Eigentlich ist das Ganze nur ein Spiel, bis eines Tages nach einem Gewitter ein toter  Mann mit Erfrierungserscheinungen im Wald gefunden wird – mitten im Sommer!

Was hat der Mann mit Frau Stössel, der Mathematiklehrerin der Jungen, zu tun und gibt es etwa einen Zusammenhang zu dem Kunstraub im Stadtmuseum?

Die drei Detektive gehen dem Geheimnis auf die Spur und geraten dabei in große Gefahr. Können sie den rätselhaften Fall aufklären?

 

Für Kinder ab 8 Jahren


Textprobe der Schattendetektive:

 

 

Der Club der Schattendetektive

 

 

 

Mission Sommerfrost

 

                                                          

 

 

 

Prolog

 

 

 

Im Laufe des Abends hatten sich dunkle, schwere Gewitterwolken am Himmel zusammengezogen. Wie wilde Reiter zogen sie unaufhaltsam vorwärts und dann, mitten in der Nacht, brach das Gewitter mit voller Stärke herein. Blitze durchzuckten die Dunkelheit und tauchten die Umgebung für Sekundenbruchteile in ein gleißendes, gespenstisches Licht.  Laute Donnerschläge folgten den Blitzen wie ergebene Begleiter und ließen die Erde immer wieder, für kurze Momente, unter ihrem unbändigen Groll, erbeben.

 

Bei einem dieser heftigen Donnerschläge erwachte Jonas Freud aus einem tiefen Schlaf. Erschrocken setzte er sich in seinem Bett auf und sah irritiert auf das Zimmerfenster.

 

»Ein Gewitter«, dachte er erleichtert, als er, durch die Fensterscheibe hindurch, einen Blitz am Himmel sah.

 

Schnell schlug er die Bettdecke zurück, nahm seine Brille vom Nachttisch und schlüpfte in die Hausschuhe hinein. Jonas hatte immer seine Fensterläden geöffnet. Er liebte es, wenn ihn am frühen Morgen die ersten Sonnenstrahlen an der Nase kitzelten und er davon geweckt wurde.

 

Nachdem er die Brille aufgesetzt hatte, starrte er fasziniert durch das geschlossene Fenster hindurch in den Himmel hinauf. Für kurze Augenblicke wurde dieser immer wieder, durch die zuckenden Blitze, hell erleuchtet. Er erkannte, dass der schwere Regenguss die lange Hauptstraße mittlerweile in eine glänzende Schlange verwandelt hatte, die sich zwischen den Häusern des Dorfes lautlos hindurchschlängelte.

 

»Wow. Ist das ein Gewitter!«, flüsterte Jonas leise, während er gebannt nach draußen sah. Fast instinktiv griff er nach kurzer Zeit zu seinem kleinen Notizheft, welches nachts immer neben seinem Bett lag. So konnte er wichtige Ideen und Einfälle, die er hatte direkt aufschreiben. Tagsüber steckte es stets in seiner hinteren Hosentasche. Alle wichtigen Dinge, alles was er beobachtete, schrieb er in dieses kleine Büchlein hinein. 

 

»Donnerstag, 18. Juni 2020 um 4.30 Uhr schweres Gewitter«, notierte er auf einer der durchnummerierten Seiten, um gleich darauf wieder neugierig aus dem Fenster zu sehen.

 

In Gedanken zählte er die Zeit, die es dauerte, bis der Donnerschlag dem vorangegangenen Blitz folgte.

 

Der Abstand betrug anfangs etwa zwanzig Sekunden. Danach wurde dieser immer länger – das Gewitter verzog sich und verlor langsam an Kraft.  Jonas Aufmerksamkeit wurde plötzlich von einem hellen Punkt in der Dunkelheit angezogen, der immer wieder kurz aufleuchtete und dann für einige Sekunden verschwand, bevor er an einer anderen Stelle erneut erschien.

 

Einen Moment war er sich unsicher, um was es sich hierbei handelte, dann aber kam ihm die Erkenntnis, dass es die Scheinwerfer eines Autos sein mussten. Irgendjemand fuhr in der Dunkelheit, zwischen den Bäumen des angrenzenden Waldes, hindurch. Es gab eine schmale Waldstraße, die zu dem neuen Fernsehturm führte. Vielleicht war es ein Mitarbeiter, der nach dem Rechten schauen wollte? Während Jonas noch darüber nachdachte, war das Licht so plötzlich wieder verschwunden, wie es vor wenigen Sekunden aufgetaucht war.

 

Er fand, dass dies eine wichtige Beobachtung war, die er unbedingt in sein Buch eintragen musste. Schließlich war eine Fahrt durch den Wald, bei einem solchen Unwetter, auch sehr gefährlich! Ein Blitz konnte in einen der Bäume einschlagen, außerdem waren die Waldwege bei Regen glatt und rutschig, da sie keinen Teer oder Splitt Belag hatten.

 

»Autoscheinwerfer um 4.32 Uhr im Wald gesehen – nähe Fernsehturm«, vollendete er seine nächtliche Notiz. Danach legte er sich wieder in sein Bett und schlief, kurze Zeit später, erneut fest ein.

 

Wie in fast jeder Nacht, träumte er auch in dieser davon, ein berühmter Detektiv zu sein. Ebenso bekannt, wie sein großes Vorbild, Sherlock Holmes, wollte er werden.

 

Zu diesem Zeitpunkt ahnte Jonas noch nicht, dass seine nächtliche Beobachtung für die Aufklärung eines sehr spannenden Kriminalfalls, immens wichtig war.


 

 

Kapitel 1                 

 

Der Tote im Wald

 

Pünktlich um 7.30 Uhr am Morgen klingelte es an der Haustür der Freuds. Wie an fast jedem Schultag stand Thomas Zöller davor, der von allen nur freundschaftlich als »Tom« betitelt wurde.

 

»Guten Morgen, Frau Freud«, begrüßte er Jonas Mutter mit einem Lächeln, während er direkt in die Küche lief, um seinen besten Freund mit einem leichten Klaps auf die Schulter zu begrüßen.

 

»Hmm, frische Waffeln«, stellte er voller Begeisterung fest, als er auf den Teller blickte, der vor Jonas auf dem Tisch stand. Von dem ging ein köstlicher, durchdringender Geruch aus, welcher direkt in seine Nase strömte.

 

»Möchtest du auch noch eine Waffel essen, Thomas?«, fragte Frau Freud mit einem wissenden Lächeln im Gesicht, da sie die Schwächen dieses Jungen bereits seit einigen Jahren kannte.

 

»Gerne«, rief Tom erfreut, packte seine Schultasche und stellte diese direkt neben sich, bevor er Jonas gegenüber am Tisch Platz nahm.

 

»Das war ja ein wahnsinniges Gewitter heute Nacht«, begann Jonas, wobei ihn Tom nur fragend anblickte.

 

»Ein Gewitter? Ich habe überhaupt nichts davon mitbekommen. Wann soll das denn gewesen sein?«

 

Jonas schüttelte resignierend den Kopf und zückte fast gleichzeitig sein Büchlein aus der Hosentasche.

 

»Genau um 4.30 Uhr. Du bist ein Mitglied der Schattendetektive und du merkst nicht einmal, wenn die Welt untergeht?«

 

Jonas betonte das Wort Schattendetektive, indem er die Tiefe seiner Stimme etwas senkte. Er hatte sich diesen Namen für seinen Detektivclub ausgedacht, der, außer ihm, zwei weitere Mitglieder hatte. Zum einen war es Tom und das zweite Mitglied war Robin Kärcher, der zusammen mit den beiden in eine Klasse ging. Die drei waren seit der Kindergartenzeit befreundet und eigentlich unzertrennlich.

 

Sie bildeten eine richtig tolle Gruppe, die, wie die »Drei Musketiere«, immer zusammenhielten.

 

Jonas gefiel der Name seines Detektivclubs, da er nicht hätte treffender sein können.

 

»Detektive sind genau wie Schatten – sie sind immer da, aber niemand nimmt sie richtig wahr. Außerdem sind sie lautlos und sie kommen in jedes Gebäude, auch wenn es noch so gut gesichert ist«, lautete sein Lieblingsspruch, wenn jemand den ausgewählten Namen infrage stellte oder sich erkundigte, weshalb sie sich überhaupt so nannten.

 

Tom blickte etwas verschämt zu seinem Freund hinüber, der sich gerade die Brille auf der Nase zurechtrückte. Kurz darauf erhellte sich sein Gesichtsausdruck aber wieder, als er den Teller mit der frischen, dampfenden Waffel bekam.

 

»So ein Gewitter ist ja auch nicht gerade etwas Besonderes, was man als Detektiv unbedingt wahrnehmen muss«, sagte er noch leise, bevor er sich mit glänzenden Augen seinem zweiten Frühstück zuwandte.

 

»Danke Frau Freud. Das riecht wirklich verdammt lecker. Etwas Sahne haben Sie aber nicht zufällig – oder?«

 

Jonas Mutter schüttelte lachend den Kopf und verließ wieder die Küche.

 

»Ich habe da auch noch die Scheinwerfer eines Autos mitten im Wald gesehen!«

 

Tom sah kurz von seinem Teller auf und mit vollem Mund stieß er ein einziges Wort hervor: »Wann?«

 

»Gestern Nacht, genau um 4.32 Uhr. Es ist doch seltsam, dass um diese Uhrzeit noch jemand mitten im Wald herumfährt – oder?«

 

Sein Gegenüber nickte mit dem Kopf und stopfte sich den Rest der Waffel, in den noch immer nicht leeren Mund hinein.

 

»Wir müssen los«, presste Tom mit dicken Pausbacken undeutlich hervor und schnappte sich seine Tasche, während er mit seiner rechten Hand ungeduldig auf die Uhr tippte.

 

»Dass du es heute so eilig hast, wo wir doch in der ersten Stunde Mathematik bei Frau Fischer haben.«

 

Tom blieb wie vom Blitz getroffen stehen und sah Jonas mit großen Augen ungläubig an.

 

»Aber wir haben doch in zwei Tagen Sommerferien. Meinst du, dass sie uns an diesen Beiden auch noch quälen wird?«

 

Achselzuckend und mit einem leichten Grinsen im Gesicht nahm Jonas ebenfalls seine Schultasche. Nachdem sie sich von seiner Mutter verabschiedet hatten, verließen die beiden Jungen das Haus.

 

Die Luft war durch den Gewitterregen angenehm frisch und von den Wiesen zog der Duft von gemähtem Gras zu ihnen herüber. Der Himmel war wolkenlos und es versprach ein sehr warmer Sommertag zu werden – eigentlich ein Tag, den man nicht in der Schule verbringen sollte. Doch so kurz vor den Ferien konnte Jonas nichts und niemand seine fröhliche Stimmung verderben.

 

Mit ihren Fahrrädern fuhren die Jungs, in gezügeltem Tempo, durch die engen Gassen des malerischen Dorfes. Auf der Hauptstraße begegneten ihnen immer mehr Kinder, die genau wie sie, das gleiche Ziel hatten – die kleine Gesamtschule neben der alten Kirche.

 

Vor dem Schuleingang, der mit schweren, dunklen Holzflügeltüren ausgestattet war, wartete auch schon der Dritte im Bunde der »Schattendetektive«. Robin Kärcher stand in kurzen Hosen, einem gelben T-Shirt und trendigen Turnschuhen neben einigen Mädchen und unterhielt sich lachend mit ihnen. Mit den kurz geschnittenen, schwarzen Haaren und seinen strahlend blauen Augen, zog er alle Mädchen der Schule magisch an.

 

Tom sah etwas neidisch zu ihm hinüber. Mit seinen dicken Beinen war es ihm unangenehm, kurze Hosen zu tragen und deshalb hatte er immer langbeinige an. Auf seinem Kopf wuchs nur ein blondes Gekräusel, das man eigentlich nicht Frisur nennen und aus dem man auch nicht wirklich einen modernen Haarschnitt zaubern konnte.

 

Jonas hatte eher das umgekehrte Problem. Er war spindeldürr und seine Oberarme hingen wie dünne Fäden aus seinem T-Shirt heraus, auf dem heute das verschmitzte Gesicht von Albert Einstein prangte.

 

Seine kurzen, dunkelblonden Haare hatte er zu einem Mittelscheitel gekämmt. Die abstehenden Ohren schauten links und rechts etwas hervor.

 

Zusammen waren sie schon eine recht seltsame Truppe, aber sie ergänzten sich bereits seit der Kindergartenzeit prima.

 

Jonas war der Denker und Lenker in dieser Gruppe. Er, der Streber in der Schule, wusste fast immer Rat und diesen fand er in den unzähligen Büchern, die er bereits gelesen hatte. Jonas war wohl der Einzige in diesem Dorf, der schon ein gutes Drittel der Bücher aus der hiesigen Bücherei ausgeliehen und auch gelesen hatte.

 

Thomas, der Kleinste und Unsportlichste der drei Jungs, war ein wahres Organisationstalent. Wenn etwas benötigt wurde, wusste er stets, wo man es bekommen konnte. Außerdem kannte er sich gut mit allem aus, was essbar war.

 

Robin war der Sportler unter ihnen. Keine Klettertour war ihm zu anstrengend und keine Gartenhecke zu hoch, um sie zu überspringen. Oftmals übermannte ihn die Abenteuerlust und seine beiden Begleiter mussten ihn zur Vorsicht ermahnen. Seine Arme waren für sein Alter schon sehr muskulös und deshalb trug er gerne ärmellose Shirts, um diese etwas hervorzuheben.

 

In seiner Hosentasche steckte immer ein Kamm, welchen er bei jeder Gelegenheit nutzte, um sein leicht lockiges Haar zu ordnen.

 

»Hi Leute, na alles klar bei euch?«, begrüßte er seine Freunde in der gewohnt flapsigen Art. Dann deutete er mit seinem rechten Zeigefinger auf den Mundwinkel von Tom, wo sich noch eine kleine verräterische Spur vom Waffelfrühstück befand. Mit einem breiten Lächeln sah er seinen Mitschüler an.

 

»Ist das dein Frühstück Nummer zwei oder sogar schon drei?«, fragte er mit einem Augenzwinkern.

 

Die Schulglocke bewahrte Tom davor, diese Frage beantworten zu müssen. Schnell fuhr er sich mit dem Handrücken über die Lippen und verwischte damit endgültig alle Spuren der letzten Mahlzeit. 

 

Als sie gemeinsam ihr Klassenzimmer betraten, welches mit einem schlichten, alten Holzboden ausgelegt war, der unter jedem Schritt zu jammern schien, stand Frau Fischer, die Mathematiklehrerin, bereits mit einem Kreidestück in der Hand an der grünen Tafel. Sie hatte den Blick zur Tür gerichtet und schielte dabei über ihre braune Hornbrille hinweg, um die eintreffenden Schüler zu zählen. Ihr strenger Gesichtsausdruck passte absolut zu ihrem ganzen Erscheinungsbild. Groß und hager stand sie in einem dunklen Rock neben dem Lehrerpult, einen Arm in die Hüften gestemmt und die Lippen fest verschlossen. Ihre bereits zum Teil ergrauten Haare hatte sie zu einem Dutt zusammengesteckt, was ihr ein recht gruseliges Aussehen verlieh. Die dürre, spitze Nase und ihre viel zu dunkle, fast krächzende Stimme, ließ Frau Fischer schon richtig unheimlich erscheinen.

 

»Brrrrrrr, Gruselda ist wieder aus ihrem Sarg entstiegen«, flüsterte Robin seinen Freunden leise zu, bevor er sich auf seinen Platz in der letzten Bankreihe setzte.

 

Jonas saß ganz vorne, da die Brillenträger immer in der ersten Reihe sitzen mussten. Frau Fischer hatte diese Regel angeordnet. Tom zwängte sich währenddessen auf seinen Stuhl in der zweiten Reihe, wo er auch gleich nachsah, ob der angebissene Schokoriegel vom Vortag, noch immer an seinem Platz auf der Ablage unter dem Tisch lag.

 

Erfreut stellte er fest, dass der Riegel noch immer da war.

 

Frau Fischer begrüßte die Kinder mit einem lauten, wenig herzlichen »Guten Morgen«. Sie lief zu ihrem Pult, setzte sich auf ihren Stuhl und öffnete dann langsam eine rote Papiermappe. Ein finsteres Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus und plötzlich ahnte jeder in der Klasse, dass dies für den heutigen Tag nichts Gutes zu bedeuten hatte.

 

»Bald sind Sommerferien«, begann die Lehrerin mit durchdringender, ein wenig säuselnder Stimme. Robin empfand den Satzbeginn, wie das Spiel einer Katze mit einer wehrlosen Maus, bevor der entscheidende Angriff kam.

 

Und er hatte natürlich recht mit seiner Vorahnung.

 

 »… dann könnt ihr euch alle ausruhen, in Urlaub gehen, mit euren Computern spielen ... doch vor dem Spaß kommt bekanntlich die Arbeit ...«

 

Triumphierend stand sie auf und lief langsam zwischen den Bankreihen hindurch. Sie lächelte jedem Schüler freundlich zu. War das wirklich ein freundliches oder doch eher ein gehässiges Lächeln? Die erstarrten Kindergesichter schienen dies gerade abzuwägen, als die Bombe gnadenlos platzte.

 

»... darum werden wir heute noch einen klitzekleinen Mathetest machen.«

 

Stöhnende Laute erklangen durch die Bankreihen und Tom wurde plötzlich ganz blass im Gesicht.

 

»Ich bin verloren«, flüsterte er leise vor sich hin, während der

 

Schokoriegel in seiner Hand langsam aber unaufhaltsam eine zähflüssige, sehr klebrige Form annahm.

 

Mathematik war für ihn ein rotes Tuch und selbst die aufopfernde Nachhilfe von Jonas, hatte ihm nur die Note befriedigend im Zeugnis bescheren können.

 

Jonas hingegen wirkte sehr gelassen. Eigentlich wie immer, wenn eine Arbeit geschrieben oder ein unangekündigter Test durchgeführt wurde. Stets war er gut vorbereitet und außer in Sport, hatte er in jedem Fach mindestens eine Zwei. In Mathematik, Biologie, Chemie und Deutsch stand er auf einer glatten Eins.

 

Robin hingegen war eher einer der unauffälligen, durchschnittlichen Schüler, der sich nicht sonderlich aufregte, wenn ein so unerwarteter Test anstand. Mit einer »Befriedigend« war er zufrieden und auch mit der Benotung »Ausreichend« konnte er gut leben. Da er später die Schreinerei seines Vaters übernehmen würde, machte er sich um seine Zeugnisnoten keine allzu großen Gedanken. Wenn er sich im Mittelfeld oder knapp darüber bewegte, war er auf jeden Fall auf der sicheren Seite.

 

Das sah sein Vater allerdings ganz anders und so hagelte es manchmal einige harte Worte, wenn es eine schlechte Note gab.

 

Doch, bevor Frau Fischer den Stapel mit den Aufgaben auf den Tischen verteilen konnte, fuhr plötzlich ein Polizeiwagen im Schulhof vor. Obwohl das Martinshorn und das Blaulicht nicht eingeschaltet waren, war das ein absoluter Höhepunkt für den heutigen Tag. Irgendetwas musste schließlich geschehen sein, da die Polizei kaum aus lauter Langweile hierher gefahren kam. Die Schüler verrenkten sich fast ihre Hälse, um durch das Fenster sehen zu können, wer aus dem Wagen stieg. Es war Wachtmeister Holger Wiesel, der auch die Fahrradprüfungen der Grundschüler abnahm. Er war der Klasse bestens bekannt, da er vor wenigen Wochen kurzfristig eine Schulstunde über Drogen und Drogenmissbrauch abgehalten hatte, die zugegebenen Maßen recht amüsant verlaufen war, obwohl es sich dabei um ein sehr ernst zu nehmendes Thema handelte. Lustig war nicht etwa der Vortrag über die Drogen und deren Wirkungen, sondern die leider allzu schlecht sitzende Uniformhose des Wachtmeisters, die den Gesetzen der Schwerkraft unterlag und ständig ein Stück weiter nach unten rutschte. Nur durch ständiges hochzerren, konnte Wachtmeister Wiesel schlimmeres verhindern.

 

Mit eiligen Schritten lief der Polizist ein Stück über den gepflasterten Pausenhof, um dann im Innern des Schulgebäudes zu verschwinden.

 

Frau Fischer bestand nun mit Nachdruck auf die Aufmerksamkeit ihrer Schüler, bevor sie begann, ihre Aufgabenblätter, mit der Schriftseite nach unten, auf den Tischen zu verteilen.

 

Gerade, als sie damit fertig geworden war, klopfte es an der Tür des Klassenzimmers. Ohne ein »Herein« abzuwarten, wurde die Tür geöffnet und der Schuldirektor betrat, in Begleitung von Wachtmeister Wiesel, den Klassenraum. Sein Gesicht wirkte sehr ernst und dadurch wurde die Neugierde der Kinder bis fast ins Unendliche geschürt. Mit großen Augen und offenen Mündern blickten sie die beiden Männer an, die nun, mit langen Schritten, über den knarrenden Fußboden zu ihrer Lehrerin liefen.

 

»Guten Morgen Herr Direktor, guten Morgen, Herr Wachtmeister Wiesel«, säuselte Frau Fischer den Männern zu. Deutlich konnte man erkennen, dass sie, über den unvorhergesehenen Besuch, ebenfalls sehr erstaunt war.

 

Für einen Moment schien sie richtig durcheinander zu sein und Jonas glaubte sogar erkannt zu haben, dass ihre Gesichtsfarbe plötzlich einige Nuancen blasser geworden war.

 

Der Rektor entschuldigte sich flüsternd für die Störung, dann bat er die Lehrerin für eine kurze Unterredung die Klasse zu verlassen.

 

»Schlagt euer Mathematikbuch auf und löst die Textaufgaben von Eins bis vier auf der Seite Einhundertsiebenundvierzig. Ich erwarte absolute Ruhe und Disziplin von euch!«

 

Damit verließ Frau Fischer mit erhobenem Haupt das Klassenzimmer. Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, setzte zwischen den Schülern ein lautes Tuscheln und Spekulieren ein.

 

»Hoffentlich nimmt Wachtmeister Wiesel Frau Fischer mit und steckt sie ins Gefängnis«, flüsterte Tom seinem Freund Jonas zu, der bereits das Mathebuch aufgeschlagen hatte und sich die angegebenen Aufgaben interessiert ansah.

 

»Warum sollte er das tun? Frau Fischer kann doch keiner Fliege etwas zu leide tun!«, fragte er überrascht.

 

»Von wegen«, schimpfte der leise, »ich bekomme immer Schweißausbrüche, wenn sie mich mit ihren stechenden Adleraugen ansieht!«

 

Robin war nach vorne gekommen und stand nun in der Bankreihe von Jonas, dann setzte er sich auf den Tisch und sah seine Freunde mit einem herausfordernden, breiten Grinsen an.

 

»Es würde mich ja sehr interessieren, was der Wachtmeister Wiesel mit der Frau Fischer zu besprechen hat.«

 

Jonas und Tom zuckten gleichzeitig nur kurz mit den Schultern.

 

»Eigentlich ist mir das völlig egal. Hauptsache wir müssen nicht diesen blöden Mathetest schreiben!«, flüsterte Tom so leise, als ob Frau Fischer unsichtbar durch den Raum gehen und ihnen zuhören könnte.

 

Robin lachte laut, stand auf und lief dann langsam zur Tür. Dort angekommen, presste er sein Ohr fest gegen das blau gestrichene Holz und begann zu lauschen. Aber er konnte keine Stimmen hören. Anscheinend war niemand mehr auf dem Flur.

 

»Absolute Stille. Da draußen ist niemand!«